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BGH zur Kündigung per Schriftform bei Online-Vertrag

BGH, Urteil vom 14.7.2016: Kündigung nur per Schriftform bei Online-Vertrag unwirksam

Eine Klausel zur Kündigung in AGB, wonach der Kunde einen Vertrag nur per Schriftform, aber nicht online kündigen darf, ist unwirksam, wenn der Vertrag ausschließlich online geschlossen und abgewickelt wird. Das folgt aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14.7.2016, Az. III ZR 387/15.

Online-Vertrag nur mit eigenhändiger Unterschrift kündbar?

Anlass der BGH-Entscheidung war eine Klausel in den AGB eines Online-Partnervermittlungsdienstes, wonach Kunden den Dienst nur schriftlich kündigen durften. Die AGB-Klausel lautete:

„Die Kündigung der VIP- und/oder Premium-Mitgliedschaft bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform (eigenhändige Unterschrift) und ist z. B. per Fax oder per Post an E.    GmbH (Adresse siehe Impressum) zu richten; die elektronische Form ist ausgeschlossen.“

Verbraucherverband klagte auf Unterlassung

Die Partnervermittlung wurde deshalb (und wegen einiger anderer AGB-Klauseln) vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) abgemahnt. Der Verband verlangte die Unterlassung der Verwendung der Klausel, die er für unwirksam hielt gemäß § 309 Nr. 13 BGB.

Nach § 309 Nr. 13 BGB ist eine AGB-Klausel unwirksam, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender der AGB oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, an eine strengere Form als die Schriftform gebunden werden. Gemäß § 126 Absatz 3 BGB kann die schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden kann (wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt).

Der Verbraucherverband sah die Kunden durch die AGB-Klausel unzulässig eingeschränkt. Die Kündigung, so der Verband, werde ersichtlich erschwert. Der Kunde wurde nach seiner Ansicht auch unangemessen benachteiligt, denn der Anbieter des Partnervermittlungsdienstes durfte den Vertrag – anders als seine Kunden – fristlos per E-Mail kündigen. Der Vertragsschluss und die Vertragsabwicklung erfolgten auf rein elektronischem Weg.

Der Streit landete vor Gericht.

In der 1. Instanz (Landgericht Hamburg, Entscheidung vom 30.4.2013, Az. 312 O 412/12) unterlag das Partnervermittlungsunternehmen. Im Berufungsverfahren vor dem Hamburger Oberlandesgericht hingegen wurde die Klage des Verbraucherverbands abgewiesen (OLG Hamburg, Entscheidung vom 26.10.2015, Az. 10 U 12/13).

BGH: Kunde wird unangemessen benachteiligt   

Der Bundesgerichtshof widersprach dem Hamburger Oberlandesgericht und gab dem Verbraucherverband Recht: Der Kunde wird durch die AGB-Klausel unangemessen benachteiligt.

Der BGH führt zunächst allgemein aus, dass eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Absatz 1 Satz 1 BGB vorliegt,

„wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen. Es bedarf dabei einer umfassenden Würdigung der wechselseitigen Interessen, wobei die Abweichung vom dispositiven Recht Nachteile von einigem Gewicht begründen muss und Gegenstand, Zweck und Eigenart des Vertrags mit zu berücksichtigen sind“.

Der BGH hebt in diesem Kontext hervor, wie der Partnervermittlungsvertrag geschlossen und durchgeführt wird.

Reine Online-Partnervermittlung

Die Partnervermittlung hat ihren Dienst so ausgestaltet, dass sie ausschließlich digital mit ihren Kunden kommuniziert. Alle Erklärungen werden online abgegeben. Auch der Vertrag wird online geschlossen, ohne dass Erklärungen in Schriftform, also mit eigenhändiger Unterschrift, abgegeben werden müssen. Ebenfalls ausschließlich elektronisch ruft der Kunde die Leistungen des Partnervermittlungsunternehmens ab. Einzige Ausnahme: die Kündigung durch den Kunden, die nur per Schriftform erfolgen darf.

Pflicht zur schriftlichen Kündigung verletzt schutzwürdige Interessen

Das Verlangen der Kündigung in Schriftform aber widerspricht den schutzwürdigen Interessen des Kunden, so der BGH. Da der gesamte Vertrag ausschließlich digital geschlossen und abgewickelt wird, kann nicht „gerade und nur für seine Kündigung die über die Textform hinausgehende Schriftform (mit eigenhändiger Unterschrift)“ vom Kunden verlangt werden.

Der BGH weiter:

„Der Kunde kann nach der besonderen Ausgestaltung des Vertrags generell davon ausgehen, alle Erklärungen, also auch eine Kündigung, digital, insbesondere auch per E-Mail, abgeben zu können.“

Dies gilt umso mehr, als der Partnervermittlungsdienst sich selbst die fristlose Kündigung per E-Mail gestattet. Auch das Widerrufsrecht kann nach den AGB des Unternehmens in „Textform (Brief, Fax, E-Mail)“ wahrgenommen werden. Dieses Recht – genau wie das Kündigungsrecht – unterliegt der Dispositionsfreiheit eines Vertragspartners. Der BGH erkennt daher kein berechtigtes Interesse des Unternehmens, allein für die Kündigung durch den Kunden die Schriftform zu verlangen, während alle anderen Erklärungen in Textform abgegeben werden können.

Kein sachlicher Grund für Schriftform  

Das Partnervermittlungsunternehmen argumentierte unter anderem mit besonderen Vorkehrungen im Falle einer Kündigung, mit Identitätsproblemen sowie dem Missbrauch der digitalen Möglichkeiten. Das waren für den BGH jedoch keine sachlichen Gründe, insbesondere war für ihn nicht nachvollziehbar, weshalb für eine Kündigung, mit der alle Rechte und Pflichten aus dem Vertrag beendet werden, größere Vorkehrungen getroffen werden müssten als für das Zustandekommen des Vertrags. Die vorgeschriebene Schriftform ließ sich auch nicht damit rechtfertigen, dass das Unternehmen weitere persönliche Daten vom Kunden wegen etwaig offener Forderungen benötigte oder um die Ernsthaftigkeit der Kündigung festzustellen. Der BGH verweist darauf, dass das Unternehmen die relevanten Zahlungsdaten bereits vor der Kündigung erhoben hat. Außerdem vertraut das Unternehmen darauf, dass der Kunde bei der Anmeldung richtige Angaben macht. Weder findet eine Identitätsprüfung statt, noch werden Maßnahmen zum Schutz gegen Missbrauch ergriffen.

Mit der Schriftform-Klausel werden folglich die Interessen der Verbraucher einseitig und spürbar beeinträchtigt, nicht zuletzt deshalb, weil den Kunden die Vertragsbeendigung durch den Zwang zur Schriftform erschwert wird und sie „ungewollt in langfristigen Vertragsbeziehungen mit negativen Kostenfolgen“ gehalten werden.

Wichtige Gesetzesänderung ab 1. Oktober 2016

Der BGH lässt zwar die Frage offen, ob auch ein Verstoß gegen das Klauselverbot in § 309 Nr. 13 BGB vorliegt. Er weist bei der Gelegenheit aber auf die ab 1. Oktober 2016 geltende neue Fassung der Norm hin: Künftig darf in AGB für Erklärungen von Verbrauchern wie die  Kündigung eines Mobilfunkvertrags, die  gegenüber dem Verwender der AGB oder Dritten abzugeben sind, nur noch die Textform, nicht aber die Schriftform verlangt werden.

Lesen Sie mehr zur gesetzlichen Neuregelung und den Auswirkungen für die AGB-Praxis.

Hier geht´s zum Volltext der Entscheidung des BGH, Urteil vom 14.7.2016, Az. III ZR 387/15.

Nathalie Grudzinski

2. Juni 2015

Telefonnummer muss in der Widerrufsbelehrung angegeben werden – zumindest dann, wenn ein geschäftlicher Telefonanschluss existiert. Das hat das Oberlandesgericht Hamm klar gestellt (OLG Hamm, Beschluss vom 24.3.2015, Az.: 4 U 30/15).

OLG Hamm: Verfügbare Telefonnummer ist in Widerrufsbelehrung Pflicht

Verbraucher haben bei Fernabsatzverträgen und bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, ein Widerrufsrecht, das sie schriftlich oder eben auch telefonisch ausüben dürfen. In dem vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellten Muster für die Widerrufsbelehrung heißt es in den Gestaltungshinweisen unter anderem:

Fügen Sie Ihren Namen, Ihre Anschrift und, soweit verfügbar, Ihre Telefonnummer, Telefaxnummer und E-Mail-Adresse ein.“ (Ziffer 2 der Gestaltungshinweise)

Das OLG Hamm bemängelt in seinem Beschluss, dass der Verkäufer das Muster der Widerrufsbelehrung falsch ausgefüllt hat: Nach den Angaben in seinem Impressum verfügte er sehr wohl über einen Telefonanschluss. Diese Rufnummer hätte er in der Widerrufsbelehrung für die Widerrufe von Verbrauchern zur Verfügung stellen müssen – und zwar auch dann, wenn er, wie der Verkäufer argumentierte, keinen Mitarbeiter für die telefonische Annahme von Widerrufserklärungen zur Verfügung habe.

Telefonnummer ist Pflicht in der Widerrufsbelehrung

Fazit: Die Telefonnummer ist eine Pflichtangabe in der Widerrufsbelehrung des Verkäufers/Dienstleisters. Die Chancen sich bei fehlender Rufnummer erfolgreich damit herauszureden, dass gar kein Telefonanschluss existiere, dürften gegen Null tendieren. Gleiches gilt für die Behauptung, dass kein Mitarbeiter für die telefonische Widerrufsannahme verfügbar sei (selbst wenn dem so ist). Achten Sie also sorgfältig auf die Gestaltungshinweise der Muster-Widerrufsbelehrung und vermeiden Sie überflüssige Abmahnungen.

Anmerkung: Nach der alten Rechtslage – vor Juni 2014 – war das Gegenteil der Fall: Der Widerruf war schriftlich auszuüben, die Angabe einer Rufnummer in der Widerrufsbelehrung hätte damals abgemahnt werden können.

Die Entscheidung des OLG Hamm können Sie hier nachlesen. Mehr zum Widerrufsrecht finden Sie hier.

Nathalie Grudzinski

25. Juni 2014

Ausnahmen vom Widerrufsrecht für Verbraucher

Verbraucher/innen haben ein Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen. Das sind Verträge, bei denen der Unternehmer und der Verbraucher für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwenden, beispielsweise E-Mail, Telefon, Post oder SMS (vgl. § 312 c BGB). Außerdem gilt das Widerrufsrecht bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden. Das Widerrufsrecht besteht jedoch nicht uneingeschränkt. Es gibt einige wichtige Ausnahmen.

Als Unternehmer/in sind Sie gesetzlich dazu verpflichtet, Verbraucher im Vorfeld über diese Ausnahmen zu informieren (vgl. Artikel 246a § 1 Absatz 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch, kurz: EGBGB). Ein paar der Ausnahmen werden im Folgenden näher beleuchtet:

1. Kein Widerrufsrecht bei nach Verbraucherspezifikation angefertigter Ware

Das Widerrufsrecht besteht grundsätzlich nicht bei Verträgen „zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind“ (§ 312 g Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 BGB).

Eine entsprechende Regelung gab es bereits nach der alten Gesetzeslage. Auch nach der neuen Rechtslage nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung am 13.6.2014 bleibt es dabei, dass Verträge über die Lieferung von Waren nicht widerrufen werden können, wenn die Waren nicht bereits vorgefertigt sind und der Verbraucher die Herstellung durch seine individuelle Auswahl oder Bestimmung maßgeblich geprägt hat. Ausgeschlossen ist das Widerrufsrecht auch, wenn die Waren eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten sind. Soweit also bei der Herstellung der Ware individuelle Wünsche und Vorgaben des Kunden berücksichtigt wurden und die Ware deshalb nicht mehr zum Verkauf (bzw. nur noch zu einem erheblich reduzierten Preis) an Dritte geeignet ist, besteht für Verbraucher/innen kein Widerrufsrecht. Beispielhaft für den Ausschluss des Widerrufsrechts sei ein nach den vorgegebenen Maßen des Kunden hergestellter Vorhang genannt.

2. Kein Widerrufsrecht bei schnell verderblichen Waren

Ebenfalls kein Widerrufsrecht besteht bei Verträgen zur Lieferung über Waren, die schnell verderben können oder deren Verfalldatum schnell überschritten würde (§ 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB). Auch hierzu gab es bereits eine Regelung im alten Recht. Zu denken ist beispielsweise an die Lieferung bestimmter Lebensmittel oder Schnittblumen.

3. Versiegelte Waren: Kein Widerrufsrecht wegen Gesundheitsschutz oder Hygiene bei Entsiegelung

Verträge über die Lieferung versiegelter Waren können grundsätzlich widerrufen werden. Wenn die Versiegelung nach der Lieferung aber entfernt wird, erlischt das Widerrufsrecht vorzeitig bei Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind (§ 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB). Die Versiegelung muss für den Verbraucher als Versiegelung zu erkennen sein, das heißt, ihm muss klar sein, dass er sein Widerrufsrecht durch das Entfernen der Versiegelung verliert. Hierfür genügt die bloße Verpackung nicht, denn diese dient vorrangig anderen Zwecken wie dem Schutz gegen Verschmutzung, sie hat aber keine Warnfunktion für die Verbraucher/innen.

4. Waren, die untrennbar mit anderen Gütern vermischt werden

Das Widerrufsrecht erlischt auch dann vorzeitig, wenn Waren „nach der Lieferung auf Grund ihrer Beschaffenheit untrennbar mit anderen Gütern vermischt“ werden (§ 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 4 BGB). Hierunter fällt beispielsweise die Lieferung von Heizöl, wenn dieses nach der Lieferung vermischt wurde.

5. Alkoholische Getränke mit schwankendem Marktwert

Ausgeschlossen ist das Widerrufsrecht bei der Lieferung alkoholischer Getränke, „deren Preis bei Vertragsschluss vereinbart wurde, die aber frühestens 30 Tage nach Vertragsschluss geliefert werden können und deren aktueller Marktwert von Schwankungen auf dem Markt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat“ (§ 312g Absatz 2 S. 1 Nr. 5 BGB). In der EU-Richtlinie, die der deutschen Regelung zugrunde liegt, sollte hierdurch vor allem spekulativen Verträgen Rechnung getragen werden wie dem Verkauf von Wein kurz nach der Ernte (acheter un vin en primeur).

6. Ton-, Videoaufnahmen oder Software in versiegelter Verpackung

Ein weiterer Fall, bei dem das Widerrufsrecht vorzeitig erlöschen kann, ist die Lieferung von Ton- oder Videoaufnahmen oder Computersoftware „in einer versiegelten Packung“, und zwar dann, „wenn die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde“ (§ 312g Absatz 2 S. 1 Nr. 6 BGB). Es handelt sich dabei um Ton-, Videoaufnahmen oder Software auf einem körperlichen Datenträger wie CD oder DVD. Auch hier muss die Versiegelung der Packung eine klar erkennbare Warnfunktion haben: Dem Verbraucher muss dadurch bewusst werden, dass er sein Widerrufsrecht verwirkt, sobald er die Versiegelung entfernt.

7. Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierten mit Ausnahme von Abonnement-Verträgen

Bei Verträgen zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierten steht den Verbrauchern kein Widerrufsrecht zu gemäß § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 7 BGB. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Vertrag telefonisch oder schriftlich geschlossen worden ist; das war vor der Gesetzesänderung am 13.6.2014 noch anders.

Ein Widerrufsrecht besteht aber bei Abschluss eines Abonnements.

8. Lieferung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen, deren Preis von Schwankungen auf dem Finanzmarkt abhängt

Vom Widerrufsrecht ausgeschlossen sind gemäß § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 8 BGB Verträge zur Lieferung von Waren oder zur Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen, deren Preis von Schwankungen auf dem Finanzmarkt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können, insbesondere Dienstleistungen im Zusammenhang mit Aktien, mit Anteilen an offenen Investmentvermögen im Sinne von § 1 Abs. 4 des Kapitalanlagegesetzbuchs und mit anderen handelbaren Wertpapieren, Devisen, Derivaten oder Geldmarktinstrumenten.

Eine entsprechende Vorschrift gab es bereits vor der Neuregelung am 13.6.2014. Sie dient dazu, das Risiko von Preisschwankungen auf dem Finanzmarkt nicht einseitig auf den Unternehmer abzuwälzen.

9. Beherbergung zu anderen Zwecken als Wohnzwecken, Beförderung von Waren, Kraftfahrzeugvermietung, Lieferung von Speisen und Getränken und Dienstleistungen im Freizeitbereich, wenn der Vertrag einen spezifischen Termin vorsieht

Kein Widerrufsrecht besteht bei Verträgen zur Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen

  • Beherbergung zu anderen Zwecken als zu Wohnzwecken,
  • Beförderung von Waren,
  • Kraftfahrzeugvermietung,
  • Lieferung von Speisen und Getränken sowie
  • zur Erbringung weiterer Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen.

Weitere wesentliche Voraussetzung für den Ausschluss des Widerrufsrechts ist hier, dass der jeweilige Vertrag für die Erbringung einen spezifischen Termin oder Zeitraum vorsieht, vgl. § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 9 BGB.

Beispiele: Reservierung eines Mietautos oder Catering

Ausgenommen von diesem Katalog – mit der Folge, dass ein Widerrufsrecht besteht – sind Verträge über Reiseleistungen (§ 651a BGB), wenn sie außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen worden sind (es sei denn, dass die mündlichen Verhandlungen, auf denen der Vertragsschluss beruht, auf vorhergehende Bestellung des Verbrauchers geführt worden sind).

 10. Kein Widerrufsrecht bei öffentlichen Versteigerungen

Bei Verträgen, die im Rahmen einer öffentlich zugänglichen Versteigerungen geschlossen worden sind, besteht – wie schon nach der alten Rechtslage – kein Widerrufsrecht (§ 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 10 BGB).

Wichtig: Versteigerungen im Internet wie z. B. eine Auktion auf eBay fallen nicht hierunter, sodass dort ein Widerrufsrecht besteht und Sie die Pflicht haben, den Verbraucher darüber zu belehren.

 11. Kein Widerrufsrecht bei dringenden Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten

Kein Widerrufsrecht besteht, wenn der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich aufgefordert hat, ihn aufzusuchen, um dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen, vgl. § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 11 BGB. Der Grundsatz, dass der Verbraucher darüber belehrt werden muss, wenn ausnahmsweise kein Widerrufsrecht besteht, gilt auch hier. So muss der Handwerker, der wegen dringender Reparaturarbeiten herbeigerufen wird, den Verbraucher darüber belehren, dass kein Widerrufsrecht für diese Reparaturarbeiten besteht.

Vorsicht: Wenn bei dem Besuch weitere Dienstleistungen erbracht werden, die der Verbraucher nicht ausdrücklich verlangt hat, oder der Unternehmer Waren liefert, die bei der Instandhaltung oder Reparatur nicht unbedingt als Ersatzteile benötigt werden, hat der Verbraucher diesbezüglich ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Der Handwerker/Die Handwerkerin muss darauf achten, dass der Verbraucher hierüber ordnungsgemäß informiert wird und ihm auch das Widerrufsformular aushändigen.

12. Erbringung von Dienstleistungen

Bei einem Vertrag zur Erbringung von Dienstleistungen (z. B. Reparatur) erlischt ein bestehendes Widerrufsrecht, wenn Sie als Unternehmer/in die Dienstleistung vollständig erbracht und mit der Ausführung erst begonnen haben, nachdem der Verbraucher dazu seine ausdrückliche Zustimmung gegeben hat und gleichzeitig seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert (vgl. § 356 Absatz 4 BGB).

Eine solche Zustimmung lässt sich nicht über eine AGB-Klausel fingieren. Es empfiehlt sich, die Zustimmung über eine Checkbox auf der letzten Bestellseite einzuholen. Wichtig ist dabei, dass die Checkbox nicht bereits angekreuzt ist. Der Kunde muss selbst das Häkchen setzen.

13. Digitale Inhalte, die sich nicht auf einem körperlichen Datenträger befinden

Bei einem Vertrag über die Lieferung von digitalen Inhalten, die sich nicht auf einem körperlichen Datenträger befinden (z. B. Download von Software, eBook etc.), erlischt das Widerrufsrecht vorzeitig, wenn Sie mit der Vertragsausführung anfangen und Ihr Kunde vorher der Vertragsausführung ausdrücklich zugestimmt hat und außerdem seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er mit dem Beginn der Vertragsausführung sein Widerrufsrecht verliert (vgl. § 356 Abs. 5 BGB).

Es empfiehlt sich, die Zustimmung über eine Checkbox auf der letzten Bestellseite einzuholen, die der Kunde aktiv abhaken muss.

 

Den vollständigen Katalog können Sie bei Interesse im Gesetz nachlesen: § 312g BGB 

Mehr zum Widerrufsrecht finden Sie hier.