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Nathalie Grudzinski

26. August 2016

Am 1. Oktober 2016 tritt eine Gesetzesänderung in Kraft, die die Wirksamkeit von Schriftformklauseln in AGB betrifft.

Konkret geht es um § 309 BGB. Dieser enthält einen Katalog von Bestimmungen, die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sind. Danach ist es in AGB unter anderem verboten, für Erklärungen eine strengere Form als die Schriftform vorzuschreiben. Künftig gilt das nur in Verträgen, für die durch Gesetz die notarielle Beurkundung vorgeschrieben ist. Für alle anderen Verträge darf in AGB für Erklärungen keine strengere Form als die Textform verlangt werden.

Schriftformklausel: Aktuelle Rechtslage (bis 30.9.2016)

Das Klauselverbot in § 309 Nr. 13 liest sich zur Zeit so:

Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam (…)

Nr. 13 (Form von Anzeigen und Erklärungen)

eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, an eine strengere Form als die Schriftform oder an besondere Zugangserfordernisse gebunden werden

Schriftform heißt, dass die Erklärung eigenhändig unterzeichnet werden muss oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens (vgl. § 126 BGB). Der Schriftform gleich gestellt ist die elektronische Form (§ 126a BGB). Hierfür muss das elektronische Dokument mit Namen und einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werden, wofür eine Signaturkarte und ein Chiplesegerät benötigt werden.

Was nicht allen bekannt ist:

Die durch Rechtsgeschäft bestimmte schriftliche Form wird außerdem gewahrt bei „telekommunikativer Übermittlung“ und bei einem Vertrag durch Briefwechsel – das gilt zumindest, soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist (§ 127 Absatz 2 BGB). Beispiele für eine telekommunikative Übermittlung sind die einfache E-Mail (ohne qualifizierte elektronische Signatur), Telefax und SMS.

Soweit sich bei Rechtsgeschäften in AGB eine Schriftformklausel findet, sind Erklärungen von Kunden folglich nicht nur eigenhändig unterschrieben wirksam, sondern auch in elektronischer Form und grundsätzlich auch per Fax oder einfacher E-Mail zulässig.

Schriftformklausel: Neue Rechtslage ab 1. Oktober 2016

Künftig ist in AGB eine Schriftformklausel unwirksam, wonach Verbrauchern für Erklärungen wie zum Beispiel die Kündigung eines Handyvertrags die Schriftform vorgeschrieben wird. Hier darf ab 1. Oktober 2016 keine strengere Form als die Textform verlangt werden.

Das gilt nicht für Verträge, für die durch Gesetz eine notarielle Beurkundung vorgeschrieben ist: Hierfür darf in AGB weiterhin die Schriftform verlangt werden.

Anmerkung: Soweit bereits per Gesetz die Schriftform zwingend vorgeschrieben ist, zum Beispiel bei der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses (vgl. § 623 BGB), darf in AGB nach wie vor nicht davon abgewichen werden.

Was heißt Textform?

Mit Textform ist eine lesbare Erklärung gemeint, in der die Person des Erklärenden genannt ist und die auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird (vgl. § 126 b BGB). Beispiele dafür sind die E-Mail (ohne qualifizierte elektronische Signatur) und SMS.

Wer ist betroffen?

Betroffen sind Unternehmen, die Verträge mit Verbrauchern schließen und in ihren AGB eine  Schriftformklausel verwenden.

Empfehlung: AGB überprüfen

Eine Schriftformklausel, die gegen den neuen § 309 Nr. 13 verstößt, ist künftig unwirksam und kann abgemahnt werden. Unternehmen sollten deshalb ihre AGB auf Regelungen zur Schriftform überprüfen und bei Bedarf an die neue Rechtslage anpassen. Das kann bereits jetzt passieren, spätestens jedoch zum Inkrafttreten der Gesetzesänderung am 1.10.2016.

Quellen

Die ab 1.10.2016 geltende Neufassung von § 309 Nr. 13 BGB basiert auf dem  Gesetz zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts vom 17. Februar 2016.

Gesetzestexte (Auszüge)

§ 309 BGB neue Fassung ab 1.10.2016:

Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam (…)

  1. (Form von Anzeigen und Erklärungen)

eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, gebunden werden

a) an eine strengere Form als die schriftliche Form in einem Vertrag, für den durch Gesetz notarielle Beurkundung vorgeschrieben ist oder

b) an eine strengere Form als die Textform in anderen als den in Buchstabe a genannten Verträgen oder

c) an besondere Zugangserfordernisse.

§ 309 BGB in der nur noch bis 30.9.2016 geltenden Fassung

Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam (…)

13.  (Form von Anzeigen und Erklärungen)

eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, an eine strengere Form als die Schriftform oder an besondere Zugangserfordernisse gebunden werden

A propos:

Besprechung des BGH-Urteils vom 14.7.2016: Kündigungsklausel bei Online-Vertrag

 

BGH zur Kündigung per Schriftform bei Online-Vertrag

BGH, Urteil vom 14.7.2016: Kündigung nur per Schriftform bei Online-Vertrag unwirksam

Eine Klausel zur Kündigung in AGB, wonach der Kunde einen Vertrag nur per Schriftform, aber nicht online kündigen darf, ist unwirksam, wenn der Vertrag ausschließlich online geschlossen und abgewickelt wird. Das folgt aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14.7.2016, Az. III ZR 387/15.

Online-Vertrag nur mit eigenhändiger Unterschrift kündbar?

Anlass der BGH-Entscheidung war eine Klausel in den AGB eines Online-Partnervermittlungsdienstes, wonach Kunden den Dienst nur schriftlich kündigen durften. Die AGB-Klausel lautete:

„Die Kündigung der VIP- und/oder Premium-Mitgliedschaft bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform (eigenhändige Unterschrift) und ist z. B. per Fax oder per Post an E.    GmbH (Adresse siehe Impressum) zu richten; die elektronische Form ist ausgeschlossen.“

Verbraucherverband klagte auf Unterlassung

Die Partnervermittlung wurde deshalb (und wegen einiger anderer AGB-Klauseln) vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) abgemahnt. Der Verband verlangte die Unterlassung der Verwendung der Klausel, die er für unwirksam hielt gemäß § 309 Nr. 13 BGB.

Nach § 309 Nr. 13 BGB ist eine AGB-Klausel unwirksam, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender der AGB oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, an eine strengere Form als die Schriftform gebunden werden. Gemäß § 126 Absatz 3 BGB kann die schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden kann (wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt).

Der Verbraucherverband sah die Kunden durch die AGB-Klausel unzulässig eingeschränkt. Die Kündigung, so der Verband, werde ersichtlich erschwert. Der Kunde wurde nach seiner Ansicht auch unangemessen benachteiligt, denn der Anbieter des Partnervermittlungsdienstes durfte den Vertrag – anders als seine Kunden – fristlos per E-Mail kündigen. Der Vertragsschluss und die Vertragsabwicklung erfolgten auf rein elektronischem Weg.

Der Streit landete vor Gericht.

In der 1. Instanz (Landgericht Hamburg, Entscheidung vom 30.4.2013, Az. 312 O 412/12) unterlag das Partnervermittlungsunternehmen. Im Berufungsverfahren vor dem Hamburger Oberlandesgericht hingegen wurde die Klage des Verbraucherverbands abgewiesen (OLG Hamburg, Entscheidung vom 26.10.2015, Az. 10 U 12/13).

BGH: Kunde wird unangemessen benachteiligt   

Der Bundesgerichtshof widersprach dem Hamburger Oberlandesgericht und gab dem Verbraucherverband Recht: Der Kunde wird durch die AGB-Klausel unangemessen benachteiligt.

Der BGH führt zunächst allgemein aus, dass eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Absatz 1 Satz 1 BGB vorliegt,

„wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen. Es bedarf dabei einer umfassenden Würdigung der wechselseitigen Interessen, wobei die Abweichung vom dispositiven Recht Nachteile von einigem Gewicht begründen muss und Gegenstand, Zweck und Eigenart des Vertrags mit zu berücksichtigen sind“.

Der BGH hebt in diesem Kontext hervor, wie der Partnervermittlungsvertrag geschlossen und durchgeführt wird.

Reine Online-Partnervermittlung

Die Partnervermittlung hat ihren Dienst so ausgestaltet, dass sie ausschließlich digital mit ihren Kunden kommuniziert. Alle Erklärungen werden online abgegeben. Auch der Vertrag wird online geschlossen, ohne dass Erklärungen in Schriftform, also mit eigenhändiger Unterschrift, abgegeben werden müssen. Ebenfalls ausschließlich elektronisch ruft der Kunde die Leistungen des Partnervermittlungsunternehmens ab. Einzige Ausnahme: die Kündigung durch den Kunden, die nur per Schriftform erfolgen darf.

Pflicht zur schriftlichen Kündigung verletzt schutzwürdige Interessen

Das Verlangen der Kündigung in Schriftform aber widerspricht den schutzwürdigen Interessen des Kunden, so der BGH. Da der gesamte Vertrag ausschließlich digital geschlossen und abgewickelt wird, kann nicht „gerade und nur für seine Kündigung die über die Textform hinausgehende Schriftform (mit eigenhändiger Unterschrift)“ vom Kunden verlangt werden.

Der BGH weiter:

„Der Kunde kann nach der besonderen Ausgestaltung des Vertrags generell davon ausgehen, alle Erklärungen, also auch eine Kündigung, digital, insbesondere auch per E-Mail, abgeben zu können.“

Dies gilt umso mehr, als der Partnervermittlungsdienst sich selbst die fristlose Kündigung per E-Mail gestattet. Auch das Widerrufsrecht kann nach den AGB des Unternehmens in „Textform (Brief, Fax, E-Mail)“ wahrgenommen werden. Dieses Recht – genau wie das Kündigungsrecht – unterliegt der Dispositionsfreiheit eines Vertragspartners. Der BGH erkennt daher kein berechtigtes Interesse des Unternehmens, allein für die Kündigung durch den Kunden die Schriftform zu verlangen, während alle anderen Erklärungen in Textform abgegeben werden können.

Kein sachlicher Grund für Schriftform  

Das Partnervermittlungsunternehmen argumentierte unter anderem mit besonderen Vorkehrungen im Falle einer Kündigung, mit Identitätsproblemen sowie dem Missbrauch der digitalen Möglichkeiten. Das waren für den BGH jedoch keine sachlichen Gründe, insbesondere war für ihn nicht nachvollziehbar, weshalb für eine Kündigung, mit der alle Rechte und Pflichten aus dem Vertrag beendet werden, größere Vorkehrungen getroffen werden müssten als für das Zustandekommen des Vertrags. Die vorgeschriebene Schriftform ließ sich auch nicht damit rechtfertigen, dass das Unternehmen weitere persönliche Daten vom Kunden wegen etwaig offener Forderungen benötigte oder um die Ernsthaftigkeit der Kündigung festzustellen. Der BGH verweist darauf, dass das Unternehmen die relevanten Zahlungsdaten bereits vor der Kündigung erhoben hat. Außerdem vertraut das Unternehmen darauf, dass der Kunde bei der Anmeldung richtige Angaben macht. Weder findet eine Identitätsprüfung statt, noch werden Maßnahmen zum Schutz gegen Missbrauch ergriffen.

Mit der Schriftform-Klausel werden folglich die Interessen der Verbraucher einseitig und spürbar beeinträchtigt, nicht zuletzt deshalb, weil den Kunden die Vertragsbeendigung durch den Zwang zur Schriftform erschwert wird und sie „ungewollt in langfristigen Vertragsbeziehungen mit negativen Kostenfolgen“ gehalten werden.

Wichtige Gesetzesänderung ab 1. Oktober 2016

Der BGH lässt zwar die Frage offen, ob auch ein Verstoß gegen das Klauselverbot in § 309 Nr. 13 BGB vorliegt. Er weist bei der Gelegenheit aber auf die ab 1. Oktober 2016 geltende neue Fassung der Norm hin: Künftig darf in AGB für Erklärungen von Verbrauchern wie die  Kündigung eines Mobilfunkvertrags, die  gegenüber dem Verwender der AGB oder Dritten abzugeben sind, nur noch die Textform, nicht aber die Schriftform verlangt werden.

Lesen Sie mehr zur gesetzlichen Neuregelung und den Auswirkungen für die AGB-Praxis.

Hier geht´s zum Volltext der Entscheidung des BGH, Urteil vom 14.7.2016, Az. III ZR 387/15.